Tribologie-Fachtagung 2018

59. Tribologie-Fachtagung 2018 mit neuem Zuschnitt

„Reibung, Schmierung und Verschleiß – Forschung und praktische Anwendungen“ war das Motto der alljährlich von der GfT veranstalteten Tribologie-Fachtagung, die in diesem Jahr vom 24. bis 26. September stattfand. Der Termin, Montag bis Mittwoch der letzten Septemberwoche, und der Ort, das Hotel Freizeit In in Göttingen, sind schon Tradition, das Tagungsprogramm wies jedoch erhebliche Veränderungen gegenüber den Vorjahren auf. Als wichtigste Neuerung eröffnete Dr. Christoph Wincierz, der Vorsitzende des GfT-Vorstands, die Tagung bereits am Montagnachmittag, statt wie in den Vorjahren am Dienstagmorgen. Dadurch konnten nicht nur mehr Vorträge insgesamt, sondern auch zusätzliche Plenarvorträge aus ganz verschiedenen Bereichen der Tribologie angeboten werden.
Schwerpunktthema war in diesem Jahr „Tribologie für E-Mobilität und alternative Kraftstoffe“, was sich in zwei Plenarvorträgen, dem Tribotalk sowie einer Session im regulären Programm niederschlug.

Plenarvorträge

Seit ihrer Gründung als „Gesellschaft für Schmiertechnik“ ist die GfT fachlich eng mit der Automobiltechnik verbunden und muss sich deshalb den abzeichnenden Veränderungen in diesem Industriezweig stellen. So widmete sich gleich der erste Vortrag den Chancen und Herausforderungen von Wasserstoff und Brennstoffzellenantrieb. Gehalten wurde dieser von Reinhold Wurster, Senior Consultant bei Ludwig-Bölkow-Systemtechnik (LBST), einer Beratungsfirma, die seit vielen Jahren auf dem Gebiet der nachhaltigen Energieversorgung und insbesondere der Wasserstofftechnologie tätig ist. Er legte in sehr überzeugender Weise dar, dass der Brennstoffzellenantrieb eine realistische, möglicherweise die einzige Möglichkeit ist, den Verkehrssektor langfristig mit regenerativer Energie zu versorgen.

Auch der darauffolgende Vortrag blieb beim Thema Wasserstoff. Prof. Joichi Sugimura stellte mit HYDROGENIUS ein weltweit einzigartiges Institut vor, in dem praktisch alle für die Wasserstofftechnik relevanten Disziplinen an einem Ort zusammengefasst sind. Angesiedelt ist es an der Kyushu-University in Fukuoka, Japan. Bemerkenswerterweise beschäftigt sich dort eine von 5 Abteilungen ausschließlich mit Tribologie. Ein aktuelles Forschungsthema ist z.B. der Einfluss von Spurenverunreinigungen in Wasserstoffgas auf die Funktion von Tribosystemen.
Weiter ging es mit Dr. Philip Damm vom Julius-Wolff-Institut der Charité in Berlin, der darüber berichtete, wie mit instrumentierten Implantaten die Reibung im künstlichen Gelenkersatz direkt im menschlichen Körper gemessen werden kann. Beeindruckend dabei ist nicht nur die Methode an sich, sondern auch, dass die in unseren Gelenken wirkenden Kräfte ein Vielfaches des Körpergewichts betragen können. Derartige Untersuchungen sind wichtig, da Reibung und Abrieb zu den Hautgründen für das Versagen von künstlichen Hüftgelenken gehören. Bis zu 40% aller Revisionen erfolgen aufgrund eines reibungsinduzierten Gelenkversagens.
Besonders erfreulich war, dass Frau Dr. Birthe Grzemba, deren Dissertation 2015 mit dem GfT-Förderpreis ausgezeichnet wurde, einen Plenarvortrag über Tribologie im Wintersport beisteuerte. Wintersport passte zwar jahreszeitlich nicht in den Göttinger Spätsommer, die Erfolge deutscher Sportler bei den Olympischen Winterspielen gaben jedoch Anlass, das Thema ins Programm zu nehmen. Schließlich spielt die tribologische Optimierung bei praktisch allen dort vertretenen Disziplinen eine herausragende Rolle und viele der in Pyeongchan eingesetzten Geräte entstammen dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES), der neuen Wirkungsstätte Frau Grzembas. In ihrem Beitrag ging sie darauf ein, dass die Reibung zwischen Stahl und Eis Wissenschaftler seit vielen Jahren beschäftigt. Angefangen vom „Staatsplanthema Gleitreibung“ in den Jahren 1986 bis 1990 schlug sie den Bogen zu den aktuellsten Entwicklungen auf diesem Gebiet.
Beendet wurde die Plenarveranstaltung am Montagnachmittag durch einen Beitrag der jungen Tribologen die in einzelnen Kurzvorträgen über ihre Aktivitäten zeigten, dass Engagement in einem Fachverband wie der GfT auch mit viel Freude einhergehen kann.

Tribotalk

Die traditionelle Podiumsdiskussion „Tribotalk“ am Montagabend drehte sich dann wieder um alternative Antriebskonzepte im Straßenverkehr und stellte die Frage nach der Zukunft von Benzin- und Dieselmotoren. Mit Prof. Horst Harndorf (FVTR GmbH; Rostock), Dr. Axel Kunz (John Deere GmbH), Frank Radke (UNITI), Dr. Manuel C. Schaloske (e-mobil BW GmbH) und Reinhold Wurster (LBST) war das Podium prominent besetzt. Dementsprechend blieb die Diskussion nicht nur an der Oberfläche, sondern es konnten auch Teilaspekte beleuchtet werden wie z.B. dass der Dieselmotor z.B. in der Landwirtschaft derzeit ohne Alternative ist und dass durch Abgasnachbehandlung für Schiffe und LKWs deutlich mehr erreicht werden kann als bei PKWs. Am Schluss wurde deutlich, dass für einen Umstieg auf alternative Kraftstoffe bzw. Antriebe möglich und von keinem der Diskussionsteilnehmer in Frage gestellt wurde. Ebenso deutlich wurde jedoch, dass dafür klare Vorgaben von Seiten der Politik erforderlich sind.

GfT-Förderpreise

Vor der Verleihung der Förderpreise wurde die Auszeichnung für den besten Vortrag auf der Tagung 2017 vergeben, der durch Abstimmung unter den Zuhörern ermittelt worden war. Die Wahl fiel auf den Beitrag „Vergleich der Schmierfilmausbildung im Kugel/Scheibe-Kontakt von öl- und fettgeschmierten EHD-Kontakten“ von Dennis Fischer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der RWTH Aachen.
Die GfT-Förderpreise werden jeweils für die besten nominierten Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten verliehen. Den Förderpreis in der Kategorie 3 erhielt Louis Schreyer vom KIT für seine Bachelorarbeit mit dem Titel „Numerische Untersuchung des Einflusses von Verschleißpartikeln auf das Reibungsverhalten“. Bei den Masterarbeiten hatte sich das Auswahlkomitee für die Arbeit von Enzo Maier, TU München, mit dem Titel „Tribologische Untersuchungen von TEHD Wälzkontakten aus thermoplastischem Kunststoff“ entschieden. Für seine Dissertation über eine effiziente Finite-Elemente-Lösung der Energiegleichung zur thermischen Berechnung tribologischer Kontakte wurde Dr. Dirk Jaitner, Uni Kassel, ebenfalls mit einem Förderpreis ausgezeichnet. Die drei mit Förderpreisen ausgezeichneten Arbeiten wurden zu Beginn der Session „Tribologische Systeme“ am 25.09. vorgestellt.

Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen

Mit dem Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen, der höchsten deutschen Auszeichnung auf dem Gebiet der Tribologie, wurde in diesem Jahr Dr. rer. nat. Gerd Dornhöfer ausgezeichnet. Die von Prof. Poll gehaltene Laudatio finden Sie unter „Ehrungen“ (Link einfügen) auf dieser Website.

Göttinger Kreis

Zu den ständigen Terminen im Rahmen der Fachtagung gehört die Sitzung des Göttinger Kreises, dem alle Träger des Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichens angehören. Bei den diesjährigen Treffen wurde betont, dass der Göttinger Kreis die aktuellen und geplanten Aktivitäten der GfT unterstützt. Besonders positiv wird hierbei der Arbeitskreis „Junge Tribologen“ gesehen, dem die Mitglieder des Göttinger Kreises als Gesprächspartner und Berater stets und gerne zur Verfügung stehen. Das Treffen beider Kreise sollte unbedingt ein fester Programmpunkt auf der Tagung in Göttingen bleiben.
Die GfT kann 2019 ihr 60jähriges Bestehen feiern und der Göttinger Kreis wird sich an der Organisation der Jubiläumsveranstaltung und den damit verbundenen Publikationen beteiligen.

Fachvorträge

Durch die Programmumstellung bot das Tagungsprogramm Platz für über 80 Vorträge in 6 Parallelsitzungen. Eingeplant waren auch zwei Stunden für den Besuch von Poster- und Fachausstellung. Um den Charakter als praxisnahe Arbeitstagung zu stärken, wurde z.B. das angelaufene DFG-Schwerpunktprogramm 2074 „Fluidfreie Schmiersysteme mit hoher mechanischer Belastung“ in einer eigenen Session mit Kurzvorträgen vorgestellt. Auch das Halbjahrestreffen des AiF-Vorhabens „EMAMiD“, bei dem es um die Entwicklung einer Methode zur Auslegung von reibungsreduzierenden Mikrostrukturen auf dynamischen Elastomerdichtungen mit verschleißarmen Beschichtungen geht, fand im Rahmen der Tagung statt.
Die meisten Vorträge gab es in der Session „Tribologische Systeme“, in der traditionsgemäß viele Arbeiten zur Simulation von geschmierten Kontakten sowie Modellen zur Verschleißvorhersage vorgestellt werden. Es gab aber auch Beiträge zur Systematik von Schmierstoffentwicklungen oder der Tribologie von Kontaktlinsen. Ansonsten waren, wie bereits in den Vorjahren viele Beiträge zu den Themen „Schmierstoffe und Schmierungstechnik“, Zerspanungs- und Umformtechnik“, Werkstoffe und Werkstofftechnologien“ sowie „Tribometrie“ eingereicht worden. Die entsprechenden Sessions waren sehr gut besucht. Für die neu ins Programm genommenen Themen „Erdbohrungen und Tunnelbau“, „Sporttribologie“ und „Alternative Kraftstoffe“ gab es jeweils drei Anmeldungen. Die Sessions stießen auf durchaus großes Publikumsinteresse, so dass erwartet werden kann, dass sich diese Themen zukünftig etablieren werden.
Ebenfalls im Programm vertreten waren die beiden besten Vorträge des „2nd Young Tribological Researcher Symposium 2018“ in Berlin. Die Gewinner waren Dennis Mallach (WWU Münster) mit seinem Vortrag „ToF-SIMS analysis of boundary layers built under tribological stress” und Justus Benad (TU Berlin), der über “Soft and stiff control of friction by oscillations and its energy efficience” berichtete.

Seinen publikumswirksamen Abschluss fand das Programm dann in dem Beitrag von Werner Stehr über das „Mysterium des Übergangs zwischen Haft- und Gleitreibung“ und der Verleihung des Preises „Tribologie ist überall“ für die wissenschaftliche Betrachtung eines tribologischen Alltagsphänomens. Der Preis ging in diesem Jahr an Joshua Korhammer (TU Berlin) für seine Arbeit „Wie kann die Tribologie die Klettertechnik verbessern?“, bei der es um experimentelle Untersuchungen der Haftreibung von Kletterschuhen ging.
Mit den diesmal umfangreicher ausgefallenen Programmänderungen dürfte die Attraktivität der Tagung noch einmal deutlich zugenommen haben. So fanden wieder über 260 Teilnehmer den Weg nach Göttingen. Das Schlusswort des GfT-Vorsitzenden beendete die Veranstaltung mit dem Hinweis auf die 60ste Tribologie-Fachtagung, die vom 23.-25. September 2019 wieder in Göttingen stattfinden wird.
Weitergehende Informationen zur Tagung erhalten Sie bei der Geschäftsstelle der Gesellschaft für Tribologie e.V. (Adolf-Fischer-Str. 34, 52428 Jülich, Tel.: +49 (0)2461 340 79 38, E-Mail: tribologie@gft-ev.de, Internet: www.gft-ev.de). Dort können Sie auch die beiden Tagungsbände und die CD-ROM mit allen Beiträgen und zusätzlichen Informationen bestellen.

Dr. Thomas Gradt

Kooperationspartner

 

Aussteller