Preisträger des Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichens 2023

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Dipl.-Ing. Peter Weismann

Peter Weismann wurde 1948 in Bibelried, Unterfranken als ältestes von 7 Kindern eines Kleinbauern geboren. 1950 zieht die Familie nach Grafenrheinfeld bei Schweinfurt. Ab 1968 besucht Peter Weismann die Ingenieurschule in Schweinfurt. In den Semesterferien reparierte er deutschlandweit Landmaschinen, wobei mit Sicherheit auch erste schmierungstechnische Herausforderungen inkludiert waren. Dabei lernte er in Butzbach seine Frau kennen und heiratete sie 1970. Später sollte sich herausstellen, dass sie nicht nur im Privatleben ein sich hervorragend ergänzendes Team bilden.

Im gleichen Jahr wechselte Peter Weismann an die FH Gießen, an der er als einer der ersten 3 Studenten das neue Wahlfach Tribologie belegte. Gegenstand seiner Diplomarbeit war die Entwicklung eines Prüfstandes zur Ölnebelschmierung, der in den Hoesch Stahlwerken, Dortmund zur Reduzierung von Ölnebel in der Atemluft eingesetzt wurde. 1972 trat Peter Weismann, nach Gesprächen über seine auch von GfT-Ehrenpreisträgern wie Dr. Graue, Dr. Boer oder Herrn Gebauer gewürdigte Diplomarbeit in die GfT ein. 1974 verfasste der GfT-Ehrenpreisträger Prof. Dr. Gülker seine Dissertation, in die die auf diesem Prüfstand ermittelten, auf eine erhebliche Verbesserung des Gesundheits- und Umweltschutzes abzielende Ergebnisse einflossen. 1974 wird Peter Weismann als Diplom-Tribologe von Chevron, Frankfurt, zur Betreuung von Fahrzeug- und Motorenbauern sowie zur technischen Unterstützung von Gebietsverkäufern eingestellt.

1996 zieht die Familie im Zusammenhang mit einer beruflichen Veränderung seiner Frau in das oberbayerische Inntal nach Brannenburg. Peter Weismann wechselt zu den Optimol-Ölwerken in München. Aufgrund seiner sehr erfolgreichen Verkäufe in Oberbayern wird er beauftragt, eine Vertriebsgesellschaft in Gelsenkirchen zu gründen, die er dann 3 Tage pro Woche persönlich unterstützt. Ab 1980 leitet er den Technischen Dienst der Optimol Ölwerke, sorgt für notwendige Produktprüfungen sowie Öl- und Fettfreigaben in der Industrie. Bis zur Gründung der Optimol Instruments 1984 ist er maßgeblich an der Vermarktung des SRV-Geräts beteiligt.

1981 propagiert er unter dem Slogan „dritte Generation von Schmierstoffen“ die mit molybdänorganischen Additiven versehenen Öle der Optigear-Reihe derart erfolgreich, dass diese von führenden OEM freigegebenen Hochleistungsschmierstoffe eine ganze Reihe von ausländischen Vertriebspartnern anlockt. Daraufhin übernimmt Peter Weismann 1983 die Leitung der Exportabteilung. Zunächst mit Agenten in 3 Ländern beginnend baut er diese bis zum Verkauf der Optimol an Castrol (1989) zu einem Vertriebsnetz in 54 Ländern aus. Schon damals demonstrierte er den Anwendern anhand vergleichender Ölanalysen, dass die importierten Öle aus München durch weniger Verschleiß und längere Einsatzzeit nicht nur wirtschaftlicher sind, sondern zugleich einen Beitrag zur Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit leisten.

Peter Weismann konnte sich mit dem ihm seitens Castrol offenbarten Plan, via Hamburg in die Konzern-Zentrale nach Swindon zu wechseln, der reizvollen oberbayerischen Natur und seiner Familienverbundenheit wegen, nicht so recht anfreunden.

Ab 1990 unterstützt er die ostdeutsche Schmierstoff-Industrie (früher Minol, heute Addinol Lube Oil GmbH, Leuna) u.a. durch Hinweise zu Produktentwicklungen, dafür notwendige Untersuchungen und Freigaben und im Marketing. Im Exportbereich sind dabei seine ausländischen, ehemaligen Optimol-Agenten sehr hilfreich, die sich ebenfalls nicht mit dem neuen Eigentümer, der Castrol-Konzerngesellschaft anfreunden konnten.

1991 gründete er, zusammen mit seiner Frau Barbara, die Wearcheck GmbH. Sie erwarben Inspectorate ca. 1 Jahr alte Analysengeräte, installierten diese im Bahnhofsgebäude von Brannenburg und begannen als 2-Personen-Betrieb.Anders als bei Wettbewerbern üblich, lieferte Peter Weismann nicht nur die Analysenergebnisse allein. Peter Weismann formulierte ausführliche Bewertungs-Kommentare. Die zugrundeliegenden Limitwerte definiert er selbst. Dabei waren ihm seine exzellenten Maschinenbaukenntnisse und Erfahrungen aus seiner Optimol-Zeit sehr hilfreich.

Obwohl das Thema Nachhaltigkeit zu Beginn der 90er Jahre noch kein Gesprächsthema war, „verkaufte“ sich die Nachhaltigkeit anhand der Ölanalysen praktisch von selbst, weil die Ölanalytik den Anwendern – bis heute – zusätzlich einen echten, messbaren Mehrwert bietet. Die sich darauf gründende Mund-zu-Mund-Propaganda und Vortragsaktivitäten führte zu stetigen, jährlichen Steigerungsraten von etwa 10%.

1996 wurde das erste, eigene Laborgebäude gebaut und ein erster, zusätzlicher Tribologe eingestellt. Regelmäßig entstehen neue Gebäude oder Gebäudeteile, um den stetig wachsenden Probenzahlen und erweiterten Analysenumfang Rechnung zu tragen. Doch nicht nur das: Stets wurden neue, effizientere Geräte angeschafft, unter der besonderen Prämisse der Eignung für Dauerbetrieb und der Automatisierbarkeit. Die exzellente Organisation und hohe tribologische Fachkompetenz ließen Glaubwürdigkeit und wirtschaftlichen Erfolg stetig wachsen. 1999 wird das Unternehmen von WEARCHECK in OELCHECK umbenannt.

Peter Weismann, von der Fachpresse auch als Sherlock Holmes der Mobilhydraulik oder „der Öl-Doktor aus Brannenburg“ bezeichnet, wird 2004 als unabhängiger Sachverständiger für Schmier- und Betriebsstoffe vereidigt. 2010 erlangt er als erster Europäer das international hoch im Kurs stehende CLS-Zertifikat der STLE. Im gleichen Jahr wird die OilDoc GmbH gegründet, die Seminare und Fachtagungen zu Schmierstoffen und Schmierstoffüberwachung anbietet, um praxisbezogenes Grundwissen über tribologische Zusammenhänge an Anlagenbetreiber und deren Wartungspersonal zu vermitteln. Ab 2011 findet unter Abstimmung mit Prof. Bartz alle 2 Jahre die international beachtete OilDoc Konferenz in Rosenheim statt. Die praxisorientierte Tagung zu Schmierung und Ölüberwachung, stets im Wechsel mit dem wissenschaftlich ausgerichteten TAE-Tribologie-Kolloquium, 2012 treten sein Sohn Paul Weismann (Chemiker) und seine Tochter Petra Bots (Kommunikationswissenschaft) als Geschäftsführer in die OELCHECK bzw. OilDoc GmbH ein.

Die international anerkannte, hohe Glaubwürdigkeit führte zu einer wachsenden Zahl von Auslandsanfragen. Deutsche und europäische OEM verlangen zunehmend, dass die Ölproben bei OELCHECK in Deutschland untersucht und beurteilt werden, weil sie die Grenzwerte und deren Kommentierung mit deren Tribologen abgestimmt haben. Die internationalen Daten werden in einer per Internet oder Smartphone-App zugänglichen Datenbank zusammengeführt, können in verschiedene Sprachen übersetzt und graphisch ausgewertet werden.

2023 zählt das frühere 2-Personen-Unternehmen mehr als 100 Mitarbeiter mit einem Jahresumsatz im zweistelligen Millionenbereich. Jährlich werden bei OELCHECK mehr als 400.000 Proben analysiert und durch 10 Tribologen individuell kommentiert. Seit 1991 wurden mehr als 5 Millionen Proben untersucht und kommentiert. In fast 50% der Proben wurde attestiert, dass kein Ölwechsel notwendig war. Das lässt erahnen, wie viele Tausend Tonnen Öl dem unnötigen Ölwechsel entgangen ist und welche erhebliche Menge an CO2-Emissionen dadurch vermieden wurde.

Peter Weismann steht für 50 Berufs-Jahre erfolgreich angewandter Tribologie, innovativ und visionär, ohne das Machbare aus den Augen zu verlieren. Praktizierte Nachhaltigkeit, zugleich wirtschaftlich vorteilhaft, ziehen sich wie ein roter Faden durch seinen Lebensweg. Mut machend, erfrischend und sehr zur Nachahmung empfohlen.

(gehalten von Rüdiger Krethe, September 2023)

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