Preisträger des Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichens 2017

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Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr. Sc. h.c. Karl-Heinz Kloos

Karl-Heinz Kloos wurde am 24. Januar 1930 in Limburg geboren, gehört also zu der Generation, die den 2. Weltkrieg als Kind und Jugendlicher miterlebt hat. Sein älterer Bruder gehörte leider zu den Opfern dieser Katastrophe, aber das Wohnhaus der Familie war unzerstört geblieben, so dass für den Neubeginn zumindest das Dach über dem Kopf gesichert war. In Limburg besuchte er eine Schule, die er als „gut“ bezeichnet. Man darf wohl davon ausgehen, dass die Schule auch ihm als Schüler diese Eigenschaft zugeschrie­ben hat. Nach seiner Aussage wurde er eher aus Zufall Ingenieur. Sein älterer Bruder hatte ihm ein Praktikum in einem Bahnaushilfswerk vermittelt, wodurch sein technisches Interesse geweckt wurde, uns so nahm er das Studium des Maschinenbaus an der TH Darmstadt auf, das er 1960 mit der Promotion bei Prof. Wiegand am Institut für Werkstoffkunde abschloss. Einige Forschungsschwerpunkte des Lehrstuhls waren schon tribologischer Natur: die Blechforschung, Kavitation von Diesel­einspritz­pumpen und die Oberflächentechnik. Seine Dissertation: „Einfluss der Oberflächengrenzschicht auf das Reibungsverhalten austenitischer Werkstoffe bei Kaltumformung im Tiefziehverfahren“ legte die Grundlage für sein späteres Hauptinteresse, die Tribologie

Erste Erfahrungen in der Lehre konnte er von 1961 bis 1965 durch einen Lehrauftrag zu Mess- und Prüfverfahren der Werkstoffkunde an der TH Darmstadt sammeln. Auf Einladung von Dr. Graue, dem damaligen Geschäftsführer und Gründungsmitglied der GfT, hielt er auch außerhalb der TH zahlreiche Seminarvorträge.

Karl-Heinz Kloos hatte das Glück, den Namensgeber der ihm nun verliehenen Auszeichnung, Georg Vogelpohl, noch persönlich kennengelernt zu haben. Er beschreibt ihn als einen Wissenschaftler, der mit einer gehörigen Portion Humor ausgestattet war. Kennzeichnend dafür war seine eigene Definition von Tribologie: „Reiberitis, Schmiero­logie, Verschleißerei“

Von 1965 bis 1973 war Professor Kloos stellvertretender Leiter der Staatlichen Materialprüfanstalt Darmstadt. Dazu muss man wissen, dass das Institut für Werkstoffkunde und die MPA Darmstadt seit 100 Jahren eine technisch-wissenschaftliche Einheit bilden, was auch durch eine gemeinsame Leitung zum Ausdruck kommt.

1971 habilitierte sich Karl-Heinz Kloos an der TH Darmstadt mit einer Arbeit zum Thema „Werkstoff­paarungs­eigenschaften in ihrem Einfluss auf das Gleitreibungsverhalten in Fertigung und Konstruktion“. In dieser Zeit war von Prof. Wiegand beim Forschungsbeirat der Universität einen Antrag gestellt worden, die Oberflächentechnik als Forschungs-Rahmenthema zu etablieren, was 1973 zur Anerkennung des Forschungs­schwerpunkts Oberflächen­technik führte.

Von 1973 bis 1995 war Karl-Heinz Kloos Leiter des Instituts für Werkstoffkunde an der TH Darmstadt. Besonders erwähnenswert ist, dass er von 1973 bis 1987 Sprecher des Sonderforschungsbereichs Oberflächentechnik war. Dieser Sonderforschungsbereich umfasste 16 Teilprojekte aus den Bereichen Arbeitswissenschaft, Maschinen­elemente und Konstruktionslehre, Papierfabrikation, Technologie und Werkzeug­maschinen und Werkstoffkunde. Es wurden 15 Dissertationen verfasst und 1983 und 1986 wurden Internationale Tagungen unter der Überschrift „Verschleiß- und Korrosionsschutz durch ionen- und plasmagestützte Vakuumbeschichtungstechnologien“ veranstaltet.

Bereits im ersten Jahr des SFBs hatte Professor Kloos erkannt, dass der Erfolg davon abhängt, wie man ein Thema verkauft. Dabei nutzte er für die Darstellung der Ergebnisse den den Ingenieuren eigenen Vorteil, Informationen in Skizzen zu verdichten. Am wichtigsten war es aber, den Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen zu legen, die gute Ergebnisse erst möglich machten. Das Grundmotiv der Tribologie fand hier seinen Widerhall.

Auf den Sonderforschungsbereich folgte dann in den Jahren 1988 bis 1997 die Beteiligung am DFG-Schwerpunktprogramm „Ionen- und Plasmaoberflächentechnik“, in dem umfassend die Methoden von der Bedampfung über die Ionenimplantation bis hin zur IBAD-Technik behandelt wurden.

Neben der Forschung war Karl-Heinz Kloos auch in der Lehre sehr aktiv. In seiner Vorlesung „Technische Reibungs- und Verschleißvorgänge und ihre Einbindung in die Lehre des Maschinenbaus“ behandelte er tribologische Grundlagen und den Einfluss von Reibung und Verschleiß auf das funktionelle Verhalten von Werkzeugen und Bauteilpaarungen.

Am Institut für Werkstoffkunde und der MPA Darmstadt waren insgesamt 150 Mitarbeiter. Durch die Verbindung mit der MPA konnte auf eine gute apparative Ausstattung zurückgegriffen werden. Die Projekte waren hauptsächlich im Bereich der industriellen Gemeinschaftsforschung mit den Verbänden FKM, FVV, VdEH angesiedelt, es gab aber auch grundlagenorientierte DFG-Vorhaben. Als Vorteil der industriellen Gemeinschaftsforschung stellte sich heraus, dass durch gute Arbeit in aktuellen Projekten, zukünftige Vorhaben abgesichert werden können. Von 1981 bis 1990 war Karl-Heinz Kloos auch Vizepräsident der AiF.

Unter seiner Leitung entstanden im Institut für Werkstoffkunde 62 Dissertationen, 12 davon mit tribologischen Themen. In seinem Schaffen ging es immer um die ganzheitliche Betrachtung der Bauteileigenschaften, die sich aus dem eingesetzten Werkstoff, der Konstruktion aber auch Randbedingungen durch Fertigung und Umgebung ergeben. Dabei spielte die Tribologie eine große Rolle. Als spezielle Themenbereiche wären die Randschicht­verfestigung und Ermüdungsverhalten, Langzeitkriechverhalten von warmfesten Stählen und Hochtemperatur-Legierungen sowie die Ermüdung von Schraubenverbindungen zu nennen.

Neben zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen verfasste er zusammen mit Heinrich Wiegand und Wolfgang Thomala ein Buch zur Praxis der Schraubenverbindungen und war am Dubbel mit dem Abschnitt Werkstofftechnik beteiligt.

Die Arbeit von Prof. Kloos zeichnete sich durch eine hohe Motivation und Begeisterungsfähigkeit sowie eine bemerkenswerte Disziplin aus. In seiner gesamten Lehrtätigkeit hatte er nur einmal im Semester eine Vorlesung nicht gehalten und war nie unter der Woche krank. Trotz seiner langjährigen Leitungsfunktion hat Karl-Heinz Kloos nie den Draht zu seinen Mitarbeitern verloren. Dabei kam ihm seine frühe Erfahrung im Betriebsrat zu Gute. Bei seiner Lehrtätigkeit half ihm sein gutes Gedächtnis. Er war in der Lage, Vorlesungen und Vorträge frei zu halten, wobei sein Erfolgsgeheimnis war, die Einleitung auswendig zu lernen.

Zahlreichen Ehrungen sind zu nennen: die Karl-Wellinger-Medaille des VDI (1980), die Erich-Siebel-Gedenkmünze des DVM und der Deutschen Gesellschaft für Blechverarbeitung (1986) und die Otto-von-Guericke- Medaille der AiF (1991). 1991 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Fakultät für Bergbau, Hüttenwesen und Maschinenbau der TU Clausthal und 1992 wurde er zum Ehrendoktor der TU Bratislava ernannt.

Zum Schluss noch eine kleine Anekdote, die zeigt, dass der Begriff „Tribologie“ im deutschen Sprachraum noch nicht sehr bekannt ist. Bei einem Botschaftsempfang in Indien fragt ihn der deutsche Botschafter: „Was hat Tribologie mit Trieben zu tun?“

In Würdigung seiner Verdienste verleiht die Gesellschaft für Tribologie e.V. das Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen 2017 an Herrn Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Kloos.

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