Prof. Dr.-Ing. habil. Matthias Scherge
Matthias Scherge wurde am 22. Dezember 1962 in Elgersburg geboren. Er wuchs in Ilmenau auf und besuchte dort die Schule bis zum Abitur.
Prof. Dr. Ing. habil. Matthias Scherge wirkte im Verlauf seines beruflichen Werdegangs in vielfältiger Weise als Wissenschaftler, Ingenieur, Manager und Hochschullehrer. Nach dem Studium der Physik und Technologie elektronischer Bauelemente an der Technischen Hochschule Ilmenau sowie der Technischen Universität Bratislava schloss er 1992 seine Promotion („Materialtransport in Leitbahnen der VLSI Technik“) an der TU Ilmenau ab. Anschließend verbrachte er einen Forschungsaufenthalt an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, zunächst als DAAD Stipendiat im Fachbereich Materials Science and Engineering, danach als Postdoctoral Fellow am Data Storage Systems Center. 1995/96 war er als Oberingenieur am Institut für Mikrotechnologie der Universität Hannover tätig. Ab 1996 leitete er die Forschungsgruppe Mikrotribologie am Institut für Physik der TU Ilmenau, wo er im Jahr 2000 seine Habilitation mit der Arbeit „Technische und biologische Mikrotribologie“ erlangte.
Im Zeitraum von 2000 bis 2003 übernahm er die Funktion des wissenschaftlichen Leiters der IAVF Antriebstechnik AG in Karlsruhe und war dort von 2003 bis 2006 als Mitglied des Vorstands tätig. Parallel dazu hatte er Gastprofessuren unter anderem an der Technischen Universität Wien und der TU Ilmenau inne. Seit 2003 war er zudem Gastprofessor an der Chinesischen Akademie für Maschinenbauwissenschaft in Wuhan sowie Honorarprofessor an der TU Ilmenau. Ab 2005 übernahm er auch Lehraufträge am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im Institut für Angewandte Materialien – Zuverlässigkeit von Bauteilen und Systemen.
Im Jahr 2007 wechselte er zum Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg und übernahm dort die Leitung des Bereichs Mikro und Nanotribologie. 2010 wurde er Sprecher des MikroTribologie Centrums µTC (Kooperation Fraunhofer IWM / KIT), und seit 2011 führte er das Geschäftsfeld Tribologie am Fraunhofer IWM. In diesen Funktionen verantwortete er die Forschung und den Technologietransfer im Bereich Mikro und Nano¬tribologie sowie die Verbindung von Grundlagen¬forschung und industrieller Anwendung.
Seine Forschungsschwerpunkte lagen auf der Mikro und Nano¬tribologie – insbesondere Untersuchung von Reibung und Verschleiß, Triboschichten („dritter Körper“), multiskalige Analyse von tribologischen Systemen sowie auf der Entwicklung neuer Mess und Simulationsmethoden für industrielle Anwendungen. Ebenso engagierte er sich im Themenfeld Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz in tribologischen Systemen – mit dem Ziel, Energie und Materialeffizienz zu erhöhen.
Zu seinen Auszeichnungen gehörten unter anderem der Wissenschaftspreis des Stifterverbands im Jahr 2022, den er gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Moseler für die Entwicklung der „Virtuellen Reibspaltsonde“ erhielt. Im Jahr 2023 wurde ihm der Lothar Späth Award für ein innovatives Messsystem zur Detektion per und polyfluorierter Alkylsubstanzen (PFAS) verliehen. Schließlich wurde ihm im September 2025 das Georg Vogelpohl Ehrenzeichen der Gesellschaft für Tribologie e. V. für herausragende Forschungs und Transferleistungen im Fachgebiet Tribologie verliehen.
In der Lehre und Betreuung war Prof. Scherge über viele Jahre hinweg an den genannten Hochschulen aktiv und betreute zahlreiche Dissertationen sowie Forschungsprojekte im Bereich Tribologie und Werkstoffmechanik. Seine Industriekooperationen – etwa über die Vorstandstätigkeit bei IAVF sowie die Leitung des µTC mit industrienaher Forschung – trugen wesentlich dazu bei, Brücken zwischen wissenschaftlicher Forschung und technischer Anwendung zu schlagen.
Prof. Dr.-Ing. habil. Matthias Scherge verfasste zahlreiche bedeutende Publikationen im Bereich der Tribologie, die sowohl Grundlagenforschung als auch angewandte Aspekte abdeckten. Besonders hervorzuheben ist sein Buch „Biologische Mikro- und Nanotribologie“, in dem er die Mechanismen der Reibung, Verschleißbildung und Schmierung auf mikro- und nanoskaliger Ebene darstellte und zugleich Verknüpfungen zwischen biologischen und technischen Systemen herstellte. Darüber hinaus publizierte er eine Reihe einflussreicher Artikel in der renommierten Fachzeitschrift WEAR, in denen er unter anderem Einlaufphänome von tribologischen Systemen unter realen Einsatzbedingungen, die Rolle tribologischer Grenzschichten und die Entwicklung tribologischer Messmethoden untersuchte. Seine Arbeiten zeichneten sich durch die Kombination experimenteller Analysen, theoretischer Modelle und praktischer Anwendungen aus und trugen wesentlich dazu bei, das Verständnis tribologischer Phänomene auf Mikro- und Nanoskalen zu vertiefen sowie industrielle Problemlösungen zu unterstützen.
Im sportlichen Bereich engagierte sich Matthias Scherge über seine reine Forschungstätigkeit hinaus auch sehr aktiv. Mit dem Team Snowstorm gelang ihm der Aufbau eines interdisziplinären sowie internationalen Netzwerks zur Optimierung von Wintersportgeräten und technologien, anfänglich insbesondere für den Paraskisport, dann aber auf dem gesamten Gebiet des Wintersports. Im Rahmen dieser Aktivitäten wurden z. B. mittels biomechanischer Analysen individuell angepasste Skischlitten für gehbehinderte Biathleten entwickelt. Darüber hinaus befasste sich das Team mit der Wechselwirkung von Schnee, Ski und Wetterbedingungen – etwa mit Blick auf Gleitverhalten und sportliche Leistung – und stellte seine Erkenntnisse auch Amateursportlern in Form seines Online-Journals GLIDING zur Verfügung. 2025 gründete er das Snowstorm Institute for Athlete Support. Damit verband er seine Leidenschaft für Wintersport mit technischer und wissenschaftlicher Expertise, um sportliche Teilhabe noch breiter zu fördern und Innovationspotenziale im Sportbereich zu realisieren.
Matthias Scherge hält mehrere Patente und Patentanmeldungen. So war er Mitautor der Patentanmeldung „Verfahren zur Fertigbearbeitung einer Oberfläche eines Werkstückes unter Ausbildung eines Dritten Körpers“ (WO 2010/009862 A1). Außerdem war er als Erfinder im US Patent US 6,666,066 B1 „Device for examining friction conditions“ aufgeführt.
Prof. Dr. Matthias Scherge war in seinem beruflichen Wirken stets bemüht, tribologische Phänomene auf Mikro und Nano-skalierung zu verstehen, neue Methoden und Techniken zu entwickeln und diese in industriellen Kontexten anzuwenden – und damit nicht nur die wissenschaftliche Disziplin prägte, sondern auch praxisrelevante Lösungen hervorbrachte.